Die 11. ACHAVA-Festspiele Thüringen starten im September

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Wieder einmal reichen sich das Kunstfest Weimar und die ACHAVA Festspiele – das jüdisch-interkulturelle Festival in Thüringen – die Hände, wenn sie gemeinsam den Abschluss des Kunstfestes und den Beginn der ACHAVA Festspiele mit zwei hochkarätigen Konzerten feiern.

Den Auftakt der insgesamt 75 Veranstaltungen macht in diesem Jahr der Star-Bassbariton und Jazzsänger Thomas Quasthoff am 6. und 7. September in der Sendehalle Weimar. Begleitet wird „Nietzsche on Air – Quasthoff live“ von Manfred Bründl, Rolf Zielke und dem Thüringer Bach Collegium.

Die Wartezeit bis dahin wird verkürzt durch Malik Alkhalifas künstlerischen Epilog zum Festival: bereits am 21. August eröffnet die Ausstellung „Mein Herz zittert wie Bambus“ mit hebräischer und arabischer Kalligraphie in der LiteraturEtage Weimar über der Eckermann Buchhandlung. Die Texte entstammen dem spanischen Mittelalter. Vor tausend Jahren blühten in Andalusien Kunst, Bildung und Wissenschaft in einem frucht- baren Dialog der Religionen. Jüdische und muslimische Philosophen umkreisten die Frage nach der Liebe innerhalb und außerhalb religiöser Texte.

Viele dieser Texte gehören heute zum Erbe der Menschheit; sind alt und immer wie- der neu. Welches Wesen hat die Liebe? Wie können wir sie im Göttlichen finden und im Menschlichen leben? Malik Alkhalifa wählte Texte in Hebräisch und Arabisch aus, um eine neue Vision zu erschaffen. Sein reiches Wissen über traditionelle Kalligraphie mit Bambusfeder und Tusche gibt er in Workshops weiter. Die vielgelobte Ausstellung wurde erstmals während der ACHAVA Festspiele 2024 in der Stadtbibliothek Gotha gezeigt.

Léon Placek (hinten) wurde mit 11 Jahren in das KZ Bergen-Belsen deportiert. Auf dem Foto ist er mit Gaston, 11 Jahre alt, zu sehen.
Foto: Karine Sicard Bouvatier

Nach den Eröffnungskonzerten wird am 7. September die Foto-Ausstellung „Déportés, leur ultime transmission“ mit Werken von Karine Sicard Bouvatier in der Sendehalle Weimar mit einer Vernissage um 16 Uhr eröffnet. Die Fotografin stellte Jugendliche in dem Alter neben Schoa-Überlebende, in dem sie selbst waren, als sie in Ghettos und Konzentrationslager abtransportiert wurden. Das Institut Français Thüringen begleitet die Ausstellung auch inhaltlich und plant diverse nicht-öffentlich Schülerveranstaltungen an mehreren Vormittagen während des Festival-Zeitraums.

Die Veranstaltung selbst kann an allen Tagen nachmittags und/oder abends besucht werden, parallel zu anderen Veranstaltungen in der Sendehalle. Am 8. September lädt das Institut Français Thüringen zur Podiumsdiskussion mit Floriane Azoulay (Direktorin Arolsen Archives), Léon Placek (Überlebender), Cécile Leclercq (Leiterin des Institut Français Thüringen), Dr. Annegret Schüle (Erinnerungsort Topf & Söhne, Stellv. Direktorin Geschichtsmuseen) und Rikola-Gunnar Lüttgenau (Gedenkstätte Buchenwald).

Ein weiteres Thema bei der Reihe „Hört die Zeugen“ sind die Kindertransporte, mit denen nach der Machtergreifung der Nazis jüdische Kinder aus dem besetzten Europa herausgeholt wurden. Mit viel Zivilcourage und Engagement rettete der Brite Nicholas Winton über 600 Kinder aus der Tschechoslowakei nach England. Hierzu zeigen die Festspiele am Dienstag, den 9. September in der Sendehalle den Film „One Life„, in dem Anthony Hopkins Nicky Winton spielt – am Dienstag, den 9. September in der Sendehalle. Am folgenden Abend wird zu einem Zeitzeugengespräch mit Lady Milena Grenfell-Baines, eines der letzten lebenden „Winton- Kinder“, eingeladen.

Die ehemalige Nietzsche-Gedächtnishalle, die nach dem Krieg erst DDR-und ab 1990 MDR-Funkhaus war, wird zum Schauplatz mehrerer ACHAVA-Veranstaltungen. Dem Sendungsbewußtsein, dass der neue Name in sich trägt, werden beispielsweise folgende Vorträge gerecht:

  • Thomas Mann im Rundfunk. Eine Zeitreise„: Gerhard Roleder, Christian Handwerck und Hellmut Seemann bestreiten am 13. September den Vortrag und das folgende Gespräch dazu.
  • Am 14. September öffnet die Sendehalle zum „Tag des offenen Denkmals„. Neben Hausführungen mit Martin Kranz und Christian Handwerck (Vortrag um 16:00 Uhr: „Das amerikanische Hauptquartier 1945Die Villa in der Windmühlenstraße, ein geheimnisvoller Ort“) – werden Snacks und Kuchen für einen guten Zweck verkauft.
  • Am 16. September hält Dr. Justus H. Ulbricht, Historiker, Germanist und Publizist, einen Vortrag zur Geschichte der Sendehalle Weimar, deren Planung auf dem Personenkult den Dritten Reichs um Friedrich Nietzsche beruhte.
  • Mit der bekannten Autorin Ronya Othmann wir die Reihe „Hört die Zeugen“ um ein ganz aktuelles Thema ergänzt, dessen mediale Präsenz schon wieder stark abgenommen hat. Im Gespräch mit Hellmut Seemann erzählt die deutsch-syrisch-jesidischen Schriftstellerin anhand ihrer Bücher wie „Siebenundvierzig“ oder „Die Sommer“ von der Situation in Syrien und den Jesiden dort.
  • Am 13. September werden die „Stolpermusiken“ mit der KISUM Musikschule und der Gedenkstätte Buchenwald nachgeholt, die letztes Jahr aus Gesundheitsgründen verschoben werden mussten. Bei einem musikalischen Spaziergang durch Weimar, begleiten Sie junge Musizierende auf ihrem Weg durch die Stadt und rasten gemeinsam an verschiedenen historischen Orten.
  • Ein Konzert beendet das Weimarer Programm am 19. September mit den „schönsten Balladen aus dem Land vor unserer Zeit“. 36 Jahre nach dem Fall der Mauer präsentieren Dirk Zöllner (Die Zöllner) und Manuel Schmid (Stern Combo Meissen) die schönsten Balladen aus dem Land vor unserer Zeit – keine Nostalgieshow, sondern Pflege eines hochwertigen Kulturerbes.
Dirk Zöllner (2.v.l.) präsentiert gemeinsam mit Manuel Schmift von der Stern Combo Meissen die schönsten Balladen „aus dem Land vor unserer Zeit“.
Foto: Johanna Bergmann

Die Wartburgstadt Eisenach ist eine feste Säule im ACHAVA Programm – vielseitig, familienfreundlich, verbindend. In Eisenach finden Ausstellungen, ein Kochworkshop, Konzerte und Gespräche statt. So zeigt das 2. ACHAVA Filmfest humorvolle Filme aus Israel und Deutschland. Ein Vortrag im Lutherhaus Eisenach erzählt vom jüdischen Leben in der DDR. Zwei Stolpersteinabende beschäftigen sich mit der Vergangenheit und den Bewohnern der Stadt, nach dessen Spuren inzwischen auch schon Enkel und Urenkel suchen. Zwei Stadtführungen ergänzen das Bild.

Am Freitag, den 12. September erzählen ACHAVA-Eisenach-Leiterin Alexandra Husemeyer und Pfarrerin Cordula Lindörfer bei einer fröhlichen „Ladies Night“ über das jüdische Purimfest. Die Dresdner Band Banda Comunale spielt am 13. September „Gefährlich fremde Blasmusik“ im E-Werk. Gute Stimmung garantiert! Anschließend geht die Party im Kunstverein Eisenach weiter mit der „Party zum jüdischen Wochenbeginn“.

Das ACHAVA Familienfest bringt jedes Jahr die ganze Stadt zusammen. Jung und Alt, Einheimischeund Besucher treffen sich am 21. September zu Musik, gutem Essen, Basteln und Gesprächen. Drinen und Draußen. Ein echter Selbstläufer!

Ein musikalisches Highlight der ACHAVA Festspiele 2025 präsentiert die Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach. Sie hat den preisgekrönten Schofar-Spieler Bar Zemach eingeladen, um den Klang eines ungewöhnlichen, im jüdischen Glauben sehr symbolträchtigen, Instruments ertönen zu lassen. Der israelische Musiker lebt in Berlin und spielte und spielt als Hornist weltweit in vielen bekannten Orchesterformationen, wie dem West-Eastern Divan Orchester, Düsseldorfer Sinfoniker, Staatskapelle Berlin oder dem Deutschen Sinfonieorchester Berlin. Die Inspiration, das Schofar auch im Konzertsaal zu spielen, kam von seinem Großvater, der ihm das Instrument aus dem Horn der Kudu Antilope einst schenkte. Nun vollbringt Bar Zemach das scheinbar Unmögliche, indem er das Schofar bei einem Sinfoniekonzert einsetzt.

Gemeinsam mit Banda Communale geht es durch die Straßen von Gotha.
Foto: Oliver Killig

Die Banda Comunale mischt auch in Gotha mit und den Platz vor dem Jugendclub Zelle auf – und jeder darf mitmachen! Bis zum Coburger Platz führt die Marching Band „umsonst und draußen“ Anwohner und alle, die mitmachen wollen, durch die Straßen, in einen fröhlichen Feierabend. Künstlerisch austoben können sich die interessierten Besucher:innen beim Kalligraphie-Workshop mit Malik Alkhalifa am 9. September in der Wunderkammer.

In Mühlhausen endet das Festival mit dem offiziellen Abschlusskonzert „Hört die Lieder“. Kantor Yoed Sorek begrüßt das jüdische Neujahr 5786 mit Gesängen in der Divi-Blasii-Kirche, begleitet von Prof. Jascha Nemtsov am Klavier, Samuel Seifert (Geige), Lior Shtern (Sopran), Shlomi Yeshayahu (Alt), Martin Neter (Tenor), Enrico Wenzel (Bass) und dem ACHAVA Projektchor Mühlhausen. Davor jedoch lässt sich das jüdische Mühlhausen bei einer Stadtführung am 11. September erkunden und am 16. September lockt eine Verkostung mit israelischen Weinen in den Mühlhäuser Ratskeller.

ACHAVA-Festspiele 2025: vom 06.-21. September 2025 an verschiedenen Orten in Thüringen. Das vollständige Programm sowie weitere Informationen sind zu finden unter www.achava-festspiele.de!

Text & Teasergrafik: PM ACHAVA-Festspiele