Lesestoff für die Frühlingszeit

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Mit dem anhaltenden Lockdown ist der Zugang zu kulturellen Angeboten außerhalb der eigenen vier Wände weiterhin empfindlich eingeschränkt – ein Umstand, der das Buch noch mehr als sonst zu einer willkommenen Alternative werden lässt. Bei der Qual der Wahl der passenden Lektüre stehen wir natürlich gern hilfreich zur Seite — mit Büchertipps zu aktuellen Neuerscheinungen. Heute:

Fang Fang: »Weiches Begräbnis«

Traumabewältigung

Fang Fang: „Weiches Begräbnis“
Hoffmann & Campe Verlag
448 Seiten (geb.)

China, Mitte des 20. Jahrhunderts: Abertausende von Chinesen werden im Rahmen der sogenannten Bodenreform in Lager verschleppt, hingerichtet und anschließend mit einem „weichen Begräbnis“, also ohne Sarg, anonym verscharrt. In einem kleinen Dorf in der chinesischen Provinz wird eine junge Frau halbtot und ohne Erinnerung aus dem Fluss gezogen. Sie hat, nun ja, Glück: Ihr Retter Dr. Wu, Militärarzt und KP-Kader des Ortes, nimmt sich ihrer an, heiratet sie, zeugt mit ihr einen gemeinsamen Sohn. Doch ihr neues Leben erhält immer wieder Risse, derer sie sich kaum erwehren kann. Es sind traumatische Erinnerungen an ihr vergangenes Leben, die sie über Jahre und Jahrzehnte hinweg mit aller Kraft zu verdrängen sucht – in dem Wissen um die Gefahren, die sonst ihr und ihrer Familie drohen. Doch als sie im hohen Alter eines Tages schließlich in völlige Schockstarre versinkt, beschließt ihr Sohn, die wahre Vergangenheit seiner Mutter zu erforschen…

Fang Fangs 2016 veröffentlichter Roman „Weiches Begräbnis“ wurde in ihrem Heimatland zunächst gefeiert, dann von altkommunistischer Seite jedoch derart angefeindet, dass es mittlerweile vom chinesischen Buchmarkt verschwunden ist. Das dürfte nicht von ungefähr kommen, rührt das passend betitelte Buch doch an einem Trauma, das seit Jahrzehnten die gesellschaftliche Seele Chinas belastet: die kollektiven Erinnerungs- und Vergessensbestrebungen bezüglich des Grauens, welches die Bodenreform einst überschattete. Zu Wort kommen lässt Fang Fang hierbei alle, die auf der einen oder anderen Seite davon betroffen waren, Opfer wie auch Täter – eingewoben in eine bewegende, spannend und sehr menschlich erzählte Geschichte. Ein Roman, der uns China etwas näher zu bringen vermag.