Drei Generationen auf Spurensuche – Identitäten im Sprachengewirr

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„Hört die Zeugen“ mit der Musikerfamilie Jaffé – Musik und Gespräch am Vorabend des Holocaust-Gedenktages.

Im Januar 1933 wurde Don Jaffé in Riga in eine jüdische Familie hineingeboren, in der man ganz selbstverständlich Deutsch sprach. Als die Nazis immer mehr an Einfluss gewannen, wechselte man zum Jiddischen. Auf der Flucht – eigentlich in Richtung Palästina – verschlug es die Familie nach Nowosibirsk in Sibirien. Nun wurde Russisch gesprochen.

Nach dem Krieg, wieder im Riga der nachkriegszeitlichen Sowjetunion, wurde Don Jaffé zu einem gefragten Cellisten. Doch der Antisemitismus verfolgte ihn – bald auch seine Frau und seine zwei Kinder – weiter. 1971 gelang es der Familie nach Israel zu immigrieren: Iwrit (Hebräisch) war als Sprache allen fremd und doch fand Sohn Ramón schnell seine Wurzeln dort, emotional wie musikalisch.

Nach seiner Teilnahme am Jom-Kippur-Krieg zog es Don Jaffé jedoch in den deutschen Kulturraum zurück und in eine Sicherheit, die ihm die alte Bundesrepublik zu versprechen schien. So fand die Familie in Bremen ein Zuhause: Don Jaffé lernte erneut Deutsch, die Familie zum ersten Mal. Als Cellist wurde Don Jaffé viel gefragter Musiker und Lehrer. Doch erst im Alter fand er musikalisch seinen Ausdruck für die Erlebnisse seiner Lebensreise als Komponist. Nun bringt er den Nachgeborenen das 20. Jahrhundert aus jüdischer Sicht zu Gehör – Shoah, Exodus und Migration sind seine Themen, die durch seine Musik unmittelbar ansprechen.

Foto: © ACHAVA-Festspiele Thüringen

Im Rahmen der Reihe „Hört die Zeugen“ der ACHAVA Festspiele Thüringen und in Zusammenhang mit dem Themenjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland werden zum Holocaust-Gedenktag am 27.01.2022 Vater Don Jaffé, Sohn Ramón Jaffé und Enkelin Serafina Jaffé miteinander sprechen; Vater und Tochter werden Kompositionen von Don Jaffé darüber hinaus zu Gehör bringen. Es ist eine einzigartige Möglichkeit, mit Hilfe der Musik Zeitzeugen der ersten, zweiten und dritten Generation nach der Shoah miteinander ins Gespräch zu bringen und aus der Erinnerung heraus einen erweiterten Horizont für Gegenwart und Zukunft mit den ewig wiederkehrenden Problemen von Antisemitismus, Ausgrenzung, Flucht und Migration zu gewinnen.

David Dambitsch wird die Moderation übernehmen und mit Don Jaffé per Videokonferenz ein Gespräch über seine Lebenserinnerungen führen. Ramón Jaffé (Cello Soloist, Dozent der Hochschule für Musik „C.M. v. Weber“ Dresden, Dozent bei The Euro Arts Academy, Künstlerischer Leiter des Kammermusikfests Hopfgarten / Österreich) und seine Tochter Serafina Jaffé (Harfenistin des Wiener Jeunesse Orchesters und in der Jungen Deutschen Philharmonie und – gemeinsam mit ihrem Vater Ramón Jaffé, Künstlerische Leiterin des Kammermusikfests Oberlausitz) werden in dieses Gespräch einbezogen. So entsteht ein Familiengespräch über drei Generationen.

„Hört die Zeugen“: Livestream aus der Alten Synagoge Erfurt am 26. Januar 2022 um 20 Uhr unter www.youtube.com! Eine Veranstaltung der ACHAVA-Festspiele Thüringen.