10 Jahre Erinnerungsort Topf & Söhne

842

Die Ofenbauer von Auschwitz

Historische Zeichenmaschinen markieren den Arbeitsplatz des Ofenbau-Ingenieurs Kurt Prüfer.
Foto: RundR_Freelancer, 2019

Eröffnet wurde der Erinnerungsort Topf & Söhne am 27. Januar 2011, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Damit hat die Stadt Erfurt den bis heute einzigen Lern- und Begegnungsort in Europa geschaffen, der auf einem historischen Firmengelände die Mittäterschaft der Industrie an den nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen auf wissenschaftlicher Basis belegt und vermittelt. Die Ausstellung „Techniker der ‚Endlösung'“, die auf einem Forschungsprojekt und einer internationalen Wanderausstellung der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora basiert, setzt sich mit einer Frage auseinander, die in ihrer irritierenden Verbindung von Alltag und Verbrechen uns alle angeht: Warum waren normale Menschen in ihrem beruflichen Kontext dazu bereit, wissend, freiwillig und mit eigener Initiative der SS bei der Beseitigung ihrer Mordopfer und der Optimierung des Tötens von Menschen zu helfen?

In den zehn Jahren beleuchteten viele Sonderausstellungen und hunderte von Veranstaltungen wichtige Aspekte der nationalsozialistischen Geschichte und informierten über die Gefahren von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Besonders berührend waren die Begegnungen mit den Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung. Die entwickelten Bildungsformate fördern ein kritisches Geschichtsbewusstsein und zeichnen sich durch einen interaktiven, inklusiven, transkulturellen und partizipativen Zugang aus. Sie umfassen Präsenz- und Onlineveranstaltungen.

Das 10-jährige Bestehen ist für das Team des Erinnerungsortes Anlass, Wegbegleiter*innen, Unterstützer*innen und Besucher*innen zu einem Austausch einzuladen: Welche Erfahrungen an diesem noch jungen, gegen Widerstände erstrittenen Lern- und Gedenkort sind für die Zukunft wichtig? Wie soll die Erinnerungskultur angesichts eines zunehmenden Rechtsextremismus, Antisemitismus und anderer Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gestaltet werden und welchen Beitrag leistet der Erinnerungsort?

Eine Schülergruppe im Erinnerungsort Topf & Söhne
(Foto: Dirk Urban, 2011)

In Corona-Zeiten wird dieser Austausch vor allem im digitalen Raum stattfinden. Auf dem Instagram-Kanal der Stadt Erfurt (@erfurtkultur) wird 2021 jede Woche ein persönliches Statement, immer am Mittwoch, zu der Frage gepostet: „Warum ist der Erinnerungsort Topf & Söhne wichtig für Sie/für Dich?“ Statements von 90-120 Zeichen an topfundsoehne@erfurt.de sind das ganze Jahr über herzlich willkommen. In zehn Videobotschaften, die vom 18. bis 27. Januar auf www.topfundsoehne.de eingestellt werden, beantworten diese Frage Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, der 2019 verstorbene Ehrenvorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen Wolfgang Nossen, der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow und weitere Persönlichkeiten.

Der 27. Januar 2021 selbst wird mit einem stillen Gedenken am „Stein der Erinnerung“ um 18.30 Uhr im Sorbenweg 7 und einer Podiumsdiskussion um 19 Uhr mit Ministerpräsident Bodo Ramelow im Live-Stream begangen. Nachhaltige Wirkung wird auch ein Sammelband entfalten, der im Laufe des Jahres entsteht und wichtige und ganz unterschiedliche Stimmen zu dem Themenfeld versammelt: Geschichte erinnern – Gegenwart gestalten – Zukunft denken.

Weitere Informationen: www.topfundsoehne.de