Lesestoff für die Frühlingszeit

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Mit dem anhaltenden Lockdown ist der Zugang zu kulturellen Angeboten außerhalb der eigenen vier Wände weiterhin empfindlich eingeschränkt – ein Umstand, der das Buch noch mehr als sonst zu einer willkommenen Alternative werden lässt. Bei der Qual der Wahl der passenden Lektüre stehen wir natürlich gern hilfreich zur Seite — mit Büchertipps zu aktuellen Neuerscheinungen. Heute:

»Das Lalebuch. Wunderseltsame, abenteuerliche, unerhörte und bisher unbeschriebene Geschichten und Taten der Lalen zu Laleburg«

Wer bitte sind die Lalen?


„Das Lalebuch. Wunderseltsame, abenteuerliche, unerhörte und bisher unbeschriebene Geschichten und Taten der Lalen zu Laleburg“
Hrsg. von Reinhard Kaiser
Galiani Berlin, 243 Seiten (geb.)

Die Schildbürger – wer hat noch nicht von ihnen und ihren ruhmreichen Taten gehört: Etwa jene vom Rathausbau, das sie versehentlich ohne Fenster errichteten, sich aber zu helfen wussten, indem sie das Tageslicht mithilfe von Eimern, Schüsseln und Gießkannen hineintrugen. Oder jene Geschichte von der Kuh, die Gras von einer hohen Mauer herunterfressen sollte, sich der Strick um den Hals, an dem man sich diese hinaufzuziehen bemühte jedoch alles andere als vorteilhaft erwies. Oder auch die Sache mit den Baumstämmen, die nicht durchs Stadttor passen wollten, weil die findigen Schildbürger diese nicht längs, sondern quer trugen – woraufhin sie alleinig im Abriss des Tores nebst angrenzender Stadtmauer die Lösung des Problems sahen… Ja, die Streiche der Schildbürger, die sich aus List erst dumm stellten und über die Zeit dann tatsächlich närrisch wurden, sind längst zur Legende, das zugehörige „Schildbürgerbuch“ wiederum zum wahrscheinlich berühmtesten Volksbuch des 16. Jahrhunderts geworden. Dabei ist eben jenes „Schildbürgerbuch“ im Grunde nichts anderes als ein ziemlich dreistes Plagiat. Denn ein Jahr bevor dieses 1598 erstmals veröffentlicht wurde, hatte das Buch bereits schon einmal das Licht der Welt erblickt – allerdings als „Lalebuch“. Gleicher Inhalt, gleicher Wortlaut. Nur dass die Schildbürger hier Lalen hießen und aus Laleburg stammten. Schlimmer noch: Die lesende Welt hat diesen plagiatorischen Frevel längst vergessen, denkt beim Urbuch des deutschen Humors nur an Schildbürger, kennt gar keine Lalen. Höchste Zeit, da etwas zurechtzurücken und den Lalen zu ihrem originären Recht zu verhelfen.. Mit einer längst überfälligen, sprachlich aufgemöbelten Neuauflage des originalen Lalebuchs, inklusive dem verwegen-komischen Anhang des Lalebuch-Erstdrucks von 1597: die »Neuen Zeitungen aus der ganzen Welt«. Höchst amüsante Wiederentdeckung, die einmal mehr zeigt, dass man hierzulande auch schon vor mehr als 400 Jahren eine ziemlich heitere Phantasie hatte.