Lesestoff für die Dunkelzeit

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Mit dem neuerlichen bundesweiten Lockdown (›light‹) ist der Zugang zu kulturellen Angeboten außerhalb der eigenen vier Wände erneut empfindlich eingeschränkt worden – ein Umstand, der das Buch noch mehr als sonst in der dunklen Jahreszeit zu einer willkommenen Alternative werden lässt. Bei der Qual der Wahl der passenden Lektüre stehen wir natürlich gern hilfreich zur Seite — mit Büchertipps zu aktuellen Neuerscheinungen. Heute:

Barbara Schmutz: »Brainstorming«

Hier werden Synapsen gezündet

Barbara Schmutz: „Brainstorming“, Kein & Aber, 223 Seiten (geb.)

Eigentlich hätte es Barbara Schmutz, die Autorin von „Brainstorming“, schon im Vorhinein ahnen können, dass die Aufgabe, der sie sich da angenommen hatte, den ursprünglich angedachten Rahmen bei weitem sprengen würde. Im Auftrage eines Schweizer Magazins sollte-wollte sie sich in einem etwas längeren Artikel allgemeinverständlich mit dem menschlichen Gehirn befassen: aktueller Stand der Forschung, faszinierende Aspekte, anschauliche Bilder inbegriffen – alles in fünfzig Fragen zum Thema verpackt. Doch je weiter die Schweizer Journalistin sich ins Thema einlas, desto deutlicher zeichnete sich ab, dass es weit mehr als 50 Antworten bedürfen würde, um sich unserem Denkorgan in all seiner hochentwickelten Komplexität auch nur halbwegs anzunähern. Welch Wunder. Schon allein angesichts all der alltäglichen bzw. allnächtlichen Aspekte, die es hier zu klären galt – wie etwa: „Was passiert in unserem Gehirn, wenn uns etwas auf der Zunge liegt?“ oder „Was macht unser Gehirn, wenn wir schlafen?“ –und natürlich die Dauerbrenner-Hirnfrage schlechthin: „Wie entsteht Bewusstsein?“

Zu guter Letzt hat Schmutz 300 allgemeine und vertiefende Fragen zusammengetragen, für deren Beantwortung sie sich – nun ein Buchprojekt vor Augen – an SpezialistInnen aus den verschiedensten Teilgebieten gewandt hat: an Experten und Expertinnen fürs Gedächtnis, für Lernprozesse, für Schlaf, Neuroplastizität, Hirnchirurgie, Sucht, psychische Krankheiten, neurophilosophische Fragen und auch für das Zusammenspiel von Hirn und Darm. Siebzehn Männer und Frauen, denen sie jeweils einen Teil ihrer Fragensammlung vorlegte und die, egal ob Neurochirurg, Professorin für Neuroepigenetik, Gedächtnissport-Weltmeister, Schlafforscher, Experte für Lernprozesse, Psychiater oder Neurobiologin mit profund-detaillierten, erkenntnisreichen, weitsichtigen und vor allem zugänglichen Einsichtnahmen Rede und Antwort standen. Und das ist es auch, was „Brainstorming“ neben seinem multiperspektivischen Ansatz unter all den anderen Büchern, die es über jenes faszinierende menschliche Wunderwerkzeug gibt, so besonders macht: Nicht bemüht wissenschaftlich, kompliziert und unzugänglich werden die jeweiligen Erkenntnisse ausgebreitet, sondern genau so, dass auch der Laie imstande ist, den Wissensschatz, den diese Interviewsammlung darstellt, zu erfassen – und lesend, also sein Gehirn aktiv nutzend, zumindest ansatzweise verstehen und begreifen lernt, wie dieses funktioniert. Tipp.